Der Suchtmittelkonsum in Deutschland ist nahezu gleich geblieben. Erfolge bei der Reduzierung des Alkohol-, Tabak- und Cannabiskonsums Jugendlicher und junger Erwachsener in den vergangenen acht Jahren sind zum Stillstand gekommen bzw. haben sich sogar ins Gegenteil verkehrt. Seit 2008, spätestens seit 2010 steigen Alkohol- und regelmäßiger Cannabiskonsum bei jungen Menschen wieder an. Selbst beim Tabakkonsum ist der Erfolgsindikator „Nie-Rauchende“ nicht mehr durchgängig auf dem Aufwärtstrend. Die Zahl der nie-rauchenden jungen Frauen ist seit Langem erstmals wieder gesunken, um zwar um 4,5 %.
Alkohol – ein Problem insbesondere für Männer
Der Alkoholkonsum ist im Jahr 2010 um 1 Prozent gesunken von 9,7 auf 9,6 Liter reinen Alkohol. Bier ist nach wie vor das meist getrunkene alkoholische Getränk in Deutschland (in Litern Getränke), auch wenn der Verbrauch leicht zurückgegangen ist. Der Weinkonsum ist im selben Maße gestiegen, wie der Bierverbrauch gesunken ist. Der Verbrauch je Einwohner von Schaumwein und Spirituosen ist gleich geblieben.
Die 12-Monatsprävalenz für problematischen Alkoholkonsum liegt bei den 18–64-Jährigen insgesamt bei 21,1 %, bei Männern sogar bei 32,4 %. Das heißt, ein Drittel der Männer im erwerbsfähigen Alter hat einen riskanten und schädlichen Alkoholkonsum. Sowohl der regelmäßige Konsum als auch die 30-Tage-Prävalenz und die 30-Tage-Prävalenz des Rauschtrinkens steigen in allen Altersgruppen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen – bis auf die Altersgruppe der ganz jungen zwischen 12 und 15 Jahren – und dies z. T. auf Werte, die über denen des Jahres 2005 liegen. Bei allen Konsumindikatoren liegen die männlichen Jugendlichen vorn.
Die Ausgaben für die Bewerbung alkoholischer Getränke in den klassischen Werbegattungen sind im Jahr 2010 ebenfalls gestiegen, um 11,5 %.
Tabak – Reduzierung des Problems, aber zu Lasten sozial Benachteiligter
Ca. ein Drittel der Männer und ein Viertel der Frauen in Deutschland rauchen, der soziale Status spielt beim Tabakkonsum eine große Rolle. Männer und Frauen mit niedrigem sozialen Status sind häufiger RaucherInnen als die mit hohem Sozialstatus. Am ausgeprägtesten ist das soziale Gefälle bei der Verbreitung des Rauchens unter den Frauen zwischen 30 und 44 Jahren: Während 51 % der Frauen mit niedrigem Sozialstatus in dieser Altersgruppe rauchen, sind es bei denen mit hohem Sozialstatus nur 21,6 %.
Rückgänge beim Konsum von Fertigzigaretten wurden durch den Konsum von billigerem Feinschnitt ausgeglichen. Hier zeigt sich, dass eine inkonsistente Besteuerung zu Ausweichverhalten bei den Konsumenten und Konsumentinnen führt. Das Besteuerungssystem hat hier noch Überarbeitungsbedarf.
Wie beim Alkohol sind auch die Ausgaben für Tabakwerbung, Promotion und Sponsoring gestiegen und das sogar um 15,3 %. Angesichts der wissenschaftlichen Belege für den Zusammenhang von Werbung und Rauchen eine zutiefst beunruhigende Nachricht.
Medikamente – das nach wie vor unterschätzte Problem
Konservativen Schätzungen nach sind 1,4–1,5 Mio. Menschen in Deutschland abhängig von Medikamenten mit Suchtpotenzial. Andere Schätzungen rechnen sogar mit 1,9 Mio. Menschen. Der größte Anteil der Arzneimittelabhängigen stammt aus der Altersgruppe der über 40-Jährigen. Von den arzneimittelabhängigen Frauen sind ca. zwei Drittel sogar über 65 Jahre alt.
Etwa 4–5 % aller häufig verordneten Arzneimittel besitzen ein eigenes Suchtpotenzial. Nur vier der 20 meistverkauften Schlafmittel (nach Packungsmengen) haben kein Missbrauchs- oder Abhängigkeitspotenzial.
Alle psychotrop wirkenden Arzneimittel, z. B. Benzodiazepine und codeinhaltige Medikamente oder auch Stimulantien, sind rezeptpflichtig. Dennoch wird ein großer Teil dieser Mittel wird nicht wegen akuter medizinischer Probleme, sondern langfristig verordnet und dient zur Vermeidung von Entzugserscheinungen.
Cannabis und andere illegale Drogen
Deutschland gehört mit geschätzten vier Konsumenten mit problematischem Drogenkonsum pro 1.000 Einwohner im Alter von 15 bis 64 Jahren zu den Ländern mit einer niedrigen Prävalenz. Cannabis ist nach wie vor die am häufigsten konsumierte illegale Droge in Deutschland. Dies gilt sowohl für Jugendliche als auch für Erwachsene. Die Drogenaffinitätsstudie 2011 gibt für die Jugendlichen eine 12-Monatsprävalenz von insgesamt 4,6 % an, der Epidemiologische Suchtsurvey 2009 für die Erwachsenen etwas mehr, nämlich 4,8 %. Insgesamt ist die Mehrzahl der Konsumindikatoren bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Aufwärtstrend. Kokain und Amphetamine sind bei Erwachsenen stärker verbreitet als bei Jugendlichen. Hier beträgt die 12-Monatsprävalenz bei den Erwachsenen 0,8 bzw. 0,7 % während sie bei den Jugendlichen bei 0,2 bzw. 0,4 % liegt.
Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen stellt fest
Das Hauptproblem des Suchtmittelkonsums liegt nach wie vor bei den legalen Substanzen. Die Entwicklungen des Konsums bestätigen die Forderungen der DHS nach effektiven Präventionsmaßnahmen wie Preiserhöhungen, Verkaufsreduzierung und Werbeeinschränkungen. Darüber hinaus müssen in der Prävention die unterschiedlichen Problematiken von Männern und Frauen sowie die soziale Benachteiligung stärker berücksichtigt werden.
Quelle: Pressemitteilung der DHS