Hausärztin vor Patientenfamilie

Ein kürzlich erschienenes Exposé auf Follow The Money enthüllt, dass die Alkoholindustrie ihre Propaganda und Fehlinformationen in einen Ausbildungskurs für niederländische Gesundheitsfachkräfte eingebracht hat. Noch besorgniserregender als dieser Interessenkonflikt ist die Tatsache, dass ein großes Versäumnis vier Berufsverbände dazu gebracht hat, diesen Kurs zu akkreditieren. Seit den Enthüllungen von Follow The Money haben die vier Organisationen entweder ihre Akkreditierung zurückgezogen, planen dies oder haben den Kurs auf Eis gelegt.

Wir alle wollen eine hohe Lebensqualität bei guter körperlicher und geistiger Gesundheit genießen. Viele Menschen überdenken die Rolle, die Alkohol in ihrem Leben und in ihrer Gesellschaft spielt, weil sie erkennen, welchen Schaden Alkohol dem Wohlbefinden und anderen Aspekten einer guten Lebensqualität zufügt. Junge Menschen bleiben viel länger alkoholfrei als frühere Generationen, und immer mehr Menschen reduzieren ihren Alkoholkonsum oder geben ihn auf.

Die Alkoholkonzerne sind jedoch nicht erfreut über diesen Trend, dass immer mehr gesundheits- und nachhaltigkeitsbewusste Menschen und Gemeinschaften auf ihre Produkte verzichten, um eine höhere Lebensqualität zu genießen und ein integrativeres soziales Umfeld zu erleben. Die Alkoholindustrie arbeitet unermüdlich daran, die Illusion zu erwecken, dass ihre Produkte gesund sind und dass alle Menschen immer und überall Alkohol trinken wollen. Sie arbeitet daran, die Menschen über den tatsächlichen Schaden, den ihre Produkte und Praktiken verursachen, im Unklaren zu lassen.

Die Alkoholindustrie nutzt weiterhin fehlerhafte, voreingenommene oder veraltete Forschungsergebnisse in ihren Aktivitäten, um Zweifel am Ausmaß und an der Schwere der Schäden zu säen, die ihre Produkte und Praktiken verursachen, und um die Menschen davon zu überzeugen, dass ein »moderater« Alkoholkonsum gut für die Gesundheit sei. Eine wachsende Zahl unabhängiger und erstklassiger wissenschaftlicher Untersuchungen zeigt jedoch, dass es kein gesundes oder sicheres Maß an Alkoholkonsum gibt.

Dennoch ist es der Alkoholindustrie kürzlich gelungen, Fehlinformationen über die gesundheitlichen Auswirkungen ihrer Produkte in einen Schulungskurs für Mediziner:innen unterzubringen. Dieser Lehrgang wurde sogar von vier Gesundheitsorganisationen akkreditiert.

Doch nachdem Follow The Money den Interessenkonflikt und die mangelhaften Kursinhalte aufgedeckt hatte, wurde die Akkreditierung zurückgezogen oder der Kurs von diesen Organisationen auf Eis gelegt. Ein erheblicher Schaden ist jedoch bereits angerichtet worden.

Im Jahr 2015 aktualisierte der niederländische Gesundheitsrat seine Alkohol-Leitlinien: »Trinken Sie keinen Alkohol und wenn Sie trinken, dann höchstens ein Glas pro Tag«. Bis 2021 hielten sich 46 % der Bevölkerung an diese Richtlinie. Das niederländische Bierinstitut hat jedoch immer noch veraltete Informationen auf seiner Website veröffentlicht, die zwei Gläser Alkohol für Männer als »moderaten« Konsum angeben. Dies widerspricht den Gesundheitsrichtlinien des Landes und ist seit sieben Jahren nicht mehr aktualisiert worden.

Es gibt keinen Spitzenwissenschaftler, der noch zu behaupten wagt, dass mäßiger Alkoholkonsum gesundheitliche Vorteile hat«, schreibt Dr. René Kahn, Professor für Psychiatrie, in seinem Buch Op je gezondheid? (Auf Ihr Wohl?), wie es in Follow The Money heißt.

Das Niederländische Bierinstitut ist eine Tarnorganisation für die Bierindustrie. Es wird vom Verband der niederländischen Brauereien finanziert, was bedeutet, dass einige der weltgrößten Biergiganten wie AB InBev und Heineken hinter ihm stehen.

Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass es keine sichere Alkoholmenge für die Gesamtmortalität gibt. Eine in der Zeitschrift »The Lancet« veröffentlichte Studie hat diese Tatsache bestätigt und festgestellt, dass das Risiko eines vorzeitigen Todes, von Krebs, Unfällen und so weiter ab einer Alkoholmenge über Null ansteigt.

Eine andere Studie, die in der Zeitschrift The Lancet veröffentlicht wurde und von der Alkoholindustrie gerne zitiert wird, ergab, dass Menschen, die 100 Gramm Alkohol pro Woche konsumieren, also zehn Einheiten, das geringste Risiko einer Gesamtsterblichkeit haben. Außerdem wurde festgestellt, dass geringe Mengen Alkohol das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen, mit Ausnahme eines Herzinfarkts. Die Forscher:innen räumen jedoch selbst ein, dass die Studie Einschränkungen aufweist, die bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden müssen. Die Einschränkung besteht darin, dass andere gesunde Lebensstilfaktoren wie Bewegung oder Ernährung bei denjenigen, die nur eine Einheit Alkohol pro Tag konsumieren, die Ergebnisse beeinflussen können; die geringere Sterblichkeit kann also auf diese anderen Gesundheitsfaktoren und nicht auf den Alkohol zurückzuführen sein. Bei dieser Art von epidemiologischer Studie wird zwar versucht, Störfaktoren zu kontrollieren, aber das funktioniert nicht immer, so der Professor für Ernährung Martijn Katan.

Beide Professoren weisen darauf hin, dass die nachgewiesene Beziehung zwischen Alkoholkonsum und Gesamtsterblichkeit linear ist, wenn man kranke Menschen, Drogenkonsument:innen und frühere Alkoholkonsument:innen aus der Gruppe der Abstinenten herausnimmt. Je höher der Alkoholkonsum ist, desto mehr Schaden wird angerichtet.

Fehlinformation der Öffentlichkeit und der medizinischen Fachkräfte durch die Alkoholindustrie

Die Alkoholindustrie tut alles, was sie kann, um die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Schädlichkeit von Alkohol zu verwässern, indem sie die Öffentlichkeit weiterhin falsch informiert. Die Alkoholindustrie behauptet nach wie vor, »mäßiger« Alkoholkonsum sei gut für die Gesundheit. Dabei beruft sie sich auf veraltete Forschungsergebnisse aus dem Jahr 2006, die die »J-Kurve« zeigen. Laut dieser Kurve würde der Konsum von einem Glas Alkohol pro Tag zu gesundheitlichen Vorteilen führen, verglichen mit dem Verzicht auf Alkohol oder dem Konsum höherer Alkoholmengen. Außerdem wird in dieser Studie behauptet, dass Männer, die bis zu vier und Frauen, die bis zu zwei Einheiten Alkohol pro Tag konsumieren, ein geringeres Risiko eines vorzeitigen Todes hätten.

Der Forscher dieser Studie aus dem Jahr 2006, Augusto Di Castelnuovo, erhielt 2014 Geld vom Niederländischen Bierinstitut als Mitglied der Organisation des siebten European Beer and Health Symposium, einer Gruppe europäischer Bierbrauer. Ein Forscherkollege der Studie trat bei einer jüngeren Ausgabe dieses Symposiums als Redner auf. Dies zeigt, wie die Alkoholindustrie industriefreundliche Forschung kauft.

Augusto Di Castelnuovo selbst hat seine früheren Forschungen etwas in Frage gestellt, als er die Studie im vergangenen Jahr aktualisierte und die Gruppe der Abstinenten bereinigte. Jetzt besagt die Studie, dass das Todesrisiko bei 5 Gramm Alkohol pro Tag, das ist eine halbe Einheit, geringer ist: 50 Milliliter Wein, 125 Milliliter Bier oder 17,5 Milliliter starker Schnaps. Dies ist keine Maßeinheit, die in Bars oder Restaurants verwendet wird. Dort wird in der Regel die dreifache Menge an Alkohol ausgeschenkt.

In den letzten Jahren hat die unabhängige Wissenschaft die Behauptung widerlegt, dass Alkoholkonsum der Gesundheit zugute kommt.

Die von der Alkoholindustrie finanzierten Interessenverbände Dutch Beer Institute und Foundation for Responsible Alcohol Consumption greifen jedoch weiterhin auf diese veraltete Studie aus dem Jahr 2006 zurück, um sie in ihre Fehlinformationskampagne einzubauen.

Fehlinformation als akkreditierter Kurs für Angehörige der Gesundheitsberufe

Diese veraltete, fehlerhafte und voreingenommene Forschung fand sogar Eingang in den kostenlosen Online-Kurs »Alkohol und Gesundheit« des niederländischen Bierinstituts. Durch ein schwerwiegendes Versäumnis wurde dieser Kurs von vier Berufsverbänden akkreditiert. Diätassistent:innen, Krankenschwestern und ‑pfleger für Allgemeinmedizin, Diabetesberater:innen sowie Gewichtsberater:innen konnten für die Teilnahme an diesem Kurs fünf Punkte erhalten.

Die Prüfungsfragen in diesem Kurs zeigen, wie die Alkoholindustrie versucht, Gesundheitsexpert:innen zu manipulieren.

In der Prüfung werden die Teilnehmer:innen aufgefordert, die folgende Aussage mit Ja oder Nein zu beantworten: »Die so genannte J-Kurve, die den Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und vorzeitigem Tod veranschaulicht, ist inzwischen überholt«. Obwohl die richtige Antwort »ja« lautet, wird in der Prüfung »nein« als richtige Antwort gewertet.

Gesundheitspersonal, das diesen Lehrgang absolviert hat, erhält Informationen aus der Hand der Alkoholindustrie.

Zur Fehlinformation der Kursteilnehmer wurden Argumente verwendet, die direkt vom niederländischen Bierinstitut und der Stiftung für verantwortungsvollen Alkoholkonsum (STIVA) stammen, zum Beispiel: »Die Niederlande haben eine der strengsten Alkoholrichtlinien in Europa« und dass »man länger lebt, wenn man mäßig Alkohol trinkt«.

Nach der Enthüllung von Follow The Money haben zwei der Berufsverbände ihre Zulassung zurückgezogen, einer erwägt dies, und einer hat den Kurs auf Eis gelegt.

Das große Problem ist jedoch, dass die Propaganda der Alkoholindustrie und nicht die evidenzbasierten Informationen über die öffentliche Gesundheit überhaupt erst in einen Kurs gelangt sind, der von Berufsverbänden für Angehörige der Gesundheitsberufe akkreditiert wurde.

Krankenschwestern und Arzthelferinnen müssen über die Auswirkungen von Bier und Wein auf die Gesundheit aufgeklärt werden. Und wir lassen die Bierindustrie darüber aufklären? Irrsinnig. Das sind die katastrophalen Folgen der Übertragung von staatlichen Aufgaben auf den Markt. Die Marktkräfte zerstören mehr, als einem lieb ist«, so Dr. René Kahn, Professor für Psychiatrie, laut Follow The Money.

Systematische Bemühungen, die Menschen über die wahren Schäden des Alkohols im Unklaren zu lassen

Eine weitere Website der Alkoholindustrie, die falsche Informationen liefert, ist alcoholguideline.nl. Die Website ist so gestaltet, dass sie wie eine offizielle Website aussieht. In Wirklichkeit handelt es sich um eine Kampagne der Alkoholindustrieorganisation STIVA. Diese Website stellt die aktuelle nationale Alkoholrichtlinie in Frage, indem sie sich auf von der Industrie beeinflusste Forschungsergebnisse stützt, um die Öffentlichkeit im Unklaren zu lassen und Zweifel an den tatsächlichen Schäden zu säen, die durch die Produkte und Praktiken der Alkoholunternehmen verursacht werden.

Die STIVA versuchte auch - letztlich erfolglos - die nationalen Alkoholrichtlinien zu ändern, indem sie sich auf die Ansichten industriefreundlicher Wissenschaftler:innen berief.

Auf Nachfrage von Follow The Money wies STIVA die Verantwortung von sich und behauptete, die Website habe eine Zeit lang nicht im Mittelpunkt gestanden und solle vielleicht jetzt abgeschaltet werden, da sie nicht aktualisiert worden sei. Inzwischen ist die Website nicht mehr erreichbar.

Alkoholindustrie torpediert weiterhin die Alkoholpolitik in den Niederlanden

Dies ist sicherlich nicht das einzige Mal, dass die Alkoholindustrie die Bemühungen der öffentlichen Gesundheit zum Schutz der Menschen vor Alkoholschäden in den Niederlanden unterwandert hat, um ihre eigenen Profite auf Kosten der Menschen und der Gesellschaft in den Niederlanden zu erzielen.

Da die Alkoholindustrie einen Platz am Tisch der Alkoholpolitik bekommen hat, enthält die 2018 unterzeichnete Nationale Präventionsvereinbarung keine einzige alkoholpolitische Best-Buy-Lösung. Außerdem hat die Alkoholindustrie die schädlichen Auswirkungen von Alkohol in der Vereinbarung deutlich verwässert.

Die Alkoholindustrie hat auch einen festen Platz in der Alkoholpolitik, indem sie offiziell an den zweimal im Jahr stattfindenden Diskussionen zur Alkoholpolitik teilnimmt.

Mehrere Gesundheitsorganisationen erwägen sogar, ihre Beteiligung zurückzuziehen, da sie nicht mit der Alkoholindustrie an einem Tisch sitzen wollen.

Quelle: MOVENDI International

Übersetzt mit www.DeepL.com