Tote Bäume auf trockener, rissiger Erde.

Europa präsentiert sich oft als globales Vorbild für Verantwortung, Gesundheit und Nachhaltigkeit. Wir ermutigen unsere Bürger*innen, Sport zu treiben, besser zu schlafen und sich gesünder zu ernähren. Wir warnen vor Rauchen, Übergewicht und den Gefahren des Alkoholkonsums. Die EU-Mitgliedstaaten stellen stolz fest, dass junge Menschen heute weniger Alkohol trinken, und fördern diesen Trend durch den Ausbau der Produktion alkoholfreier Weine.

Außerhalb unserer Grenzen sieht die Situation jedoch ganz anders aus. Nach dem Export unterliegen die Alkoholprodukte einer weniger strengen Kontrolle. Ein höherer Alkoholgehalt und weniger strenge Vorschriften werden nicht mehr als Risiko betrachtet, sondern sind Teil des Geschäftsmodells.

Erstens lässt sich diese Doppelmoral unmöglich ignorieren. Wir erlassen strenge Gesundheitsvorschriften für uns selbst, umgehen diese jedoch sofort, sobald eine Lieferung für Afrika, Asien oder Lateinamerika bestimmt ist. Es fehlen Zutatenlisten, und anstatt die Verbraucher*innen zu schützen, intensivieren europäische Akteur*innen ihr Marketing in Schwellenländern – sogar mit Unterstützung durch EU-Agrarfonds, die für die Förderung des Weinabsatzes außerhalb der Union vorgesehen sind. Wir tun alles, um Schäden bei uns zu Hause zu reduzieren, lassen sie jedoch bereitwillig anderswo zu, wenn dies unserer Exportwirtschaft zugute kommt.

Darüber hinaus ist es kein Geheimnis, dass die Alkoholindustrie seit langem starke wirtschaftliche Interessen beispielsweise an afrikanischen Märkten hat. Die historischen und anhaltenden Folgen dieser Abhängigkeit werden jedoch selten diskutiert. In Teilen Südafrikas wurden Arbeitskräfte bis weit in die Apartheid-Ära hinein mit Alkohol bezahlt, und die sozialen Schäden sind bis heute spürbar. Europa behauptet, Verantwortung für seine Geschichte zu übernehmen, indem es Entwicklungshilfe leistet und Werte wie Gesundheit und Menschenrechte fördert. Aber wie aufrichtig ist diese Geste, wenn wir gleichzeitig Produkte exportieren, die genau diese Rechte untergraben? Europa spricht davon, die globale öffentliche Gesundheit zu stärken, profitiert aber weiterhin von denselben Konsumgewohnheiten, die es zu Hause einzuschränken versucht.

Drittens: Während wir über Verbote von E-Zigaretten und Alkopops diskutieren, um junge Menschen zu Hause zu schützen, produzieren wir weiterhin Weine mit hohem Alkoholgehalt für Märkte mit schwächeren Vorschriften und weniger Verbraucherschutz. Was wir in Europa als risikoreich einstufen, wird anderswo plötzlich akzeptabel. Das Interesse der Politiker*innen ist an Bedingungen geknüpft: Verbraucher*innen müssen Europäer*innen sein.

Porträt von Sindra Berndt.
Europa kann nicht weiterhin zu Hause weniger Alkohol trinken und gleichzeitig den Rest der Welt dazu ermutigen, mehr davon zu konsumieren.«
Sindra Berndt, Europäische Verbindungsbeauftragte bei Movendi Sverige

Wenn die EU ernsthaft eine globale Kraft für Gesundheit und Nachhaltigkeit sein will, müssen sich ihre Werte auch auf die von ihr exportierten Waren erstrecken. Die Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika verdienen die gleichen Schutzmaßnahmen, die gleichen Informationen und den gleichen Respekt wie die Bürger*innen innerhalb der Union. Dazu bedarf es keiner Revolution – es erfordert lediglich den politischen Willen, die Kennzeichnung von Inhaltsstoffen auf Weinflaschen durchzusetzen, den Alkoholgehalt in Produkten, die Europa verlassen, zu begrenzen und zu verhindern, dass die Interessen der Industrie Vorrang vor der menschlichen Gesundheit haben. Europa kann nicht weiterhin zu Hause weniger Alkohol trinken und gleichzeitig den Rest der Welt dazu ermutigen, mehr davon zu konsumieren. Es ist an der Zeit, dass die EU Verantwortung über ihre eigenen Grenzen hinaus übernimmt.

Der Beitrag von Alkohol zum Klimawandel

Nahaufnahme von Weinflaschen auf einer Abfüllstrasse: Eine lange Reihe dunkler Flaschen bewegt sich auf einem Förderband durch eine Produktionsanlage.

Der Klimawandel ist die größte Bedrohung für die Gesundheit der Menschheit. Von Überschwemmungen und Buschbränden bis hin zu Artensterben, Umweltverschmutzung und der Ausbreitung von Krankheiten – es wird immer schwieriger, die Auswirkungen unseres rasanten Konsums und der ihn unterstützenden Industrien auf die Umwelt zu ignorieren.

Wie die Alkoholindustrie die Klimakrise anheizt

Überlaufende Alkoholgläser

Diese Reportage enthüllt die verschiedenen Wege, auf denen die Alkoholindustrie die Klimakrise anheizt. Wasser- und Ernährungsunsicherheit, Umweltzerstörung, Umweltverschmutzung, Treibhausgasemissionen und Greenwashing sind Teil des Nachhaltigkeitsfußabdrucks der Alkoholindustrie.