Zwei Jugendliche auf Parkbank mit Alkoholflaschen

Neue Untersuchungen einer Gruppe von Ökonomen zeigen, wie das niedrige gesetzliche Mindestalter für Alkoholkonsum in Österreich zu größeren Alkoholschäden bei Jugendlichen führt. Das gesetzliche Mindestalter von 16 Jahren trägt zu einer zunehmenden gesundheitlichen Ungleichheit bei österreichischen Jugendlichen bei.

Die Produkte und Praktiken der Alkoholindustrie fügen Kindern und Jugendlichen schweren Schaden zu, indem sie zum Beispiel ihre Entwicklung zu gesunden Erwachsenen beeinträchtigen. Das gesetzliche Mindestalter für den Erwerb und Konsum von Alkohol soll Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene schützen und Alkoholschäden so weit wie möglich verhindern. Ein niedriges gesetzliches Mindestalter, wie beispielsweise die Altersgrenze von 16 Jahren in Österreich, schützt Jugendliche jedoch nur unzureichend. Es trägt wesentlich zu sozioökonomischen Ungleichheiten bei Kindern und Jugendlichen bei, die durch die Produkte und Praktiken der Alkoholindustrie verursacht werden.

Europa hat den höchsten Alkoholkonsum der Welt. Auch der Alkoholkonsum von Jugendlichen bei Saufgelagen und schwerem Alkoholkonsum ist in ganz Europa hoch.

Neue Forschungen der Ökonomen Alexander Ahammer, Stefan Bauernschuster, Martin Halla und der Ökonomin Hannah Lachenmaier zeigen, dass dieses hohe Schadensniveau mit dem niedrigen gesetzlichen Mindestalter für Alkoholkonsum zusammenhängt.

Die Studie wurde unter einer österreichischen Stichprobe von Jugendlichen durchgeführt, wobei drei Datenquellen verwendet wurden: das European School Survey Project on Alcohol and other Drugs (ESPAD), die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse und eine große Feldstudie, bei der minderjährige Testkäufer versuchten, in oberösterreichischen Geschäften Alkohol zu kaufen.

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie

Wesentliche Ergebnisse der Studie zeigen, dass es in Österreich zu erheblichen Alkoholschäden bei Kindern und Jugendlichen kommt. Sobald die Österreicher 16 Jahre alt sind,

  • steigt die Menge des in der Vorwoche konsumierten Alkohols um 90 % an – von 55 Gramm Alkohol pro Woche auf 105 Gramm. Das entspricht einer Zunahme von durchschnittlich drei 0,5 Liter-Flaschen Bier. Besonders stark sind die Auswirkungen bei Jungen und bei Kindern aus sozial benachteiligten Familien.
  • steigt die Wahrscheinlichkeit, im Vormonat mindestens fünf alkoholische Getränke oder mehr bei einem oder zwei Anlässen getrunken zu haben (Rauschtrinken), um 10 Prozent.
  • steigt die Wahrscheinlichkeit, mit einer Alkoholvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert zu werden, sofort um 42 %.

Bei Teenagern, die eine häusliche Vorgeschichte mit Alkoholproblemen haben, ändert sich das Alkoholkonsumverhalten mit 16 Jahren nicht. Die Forscher erklären, dass Jugendliche mit einer Vorgeschichte oft schon vor dem 16. Lebensjahr stark Alkohol konsumieren, weshalb es keinen nennenswerten Sprung gibt.

Zunehmende Ungleichheit

Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien konsumieren noch mehr Alkohol, wenn sie das gesetzliche Mindestalter erreicht haben. Vor dem 16. Geburtstag ist die Wahrscheinlichkeit einer Alkoholintoxikation je nach sozialer Schicht ähnlich. Aber nach dem 16. Geburtstag entsteht eine deutliche Kluft in Bezug auf Alkoholkonsum und ‑schäden bei sozial schwachen Kindern und Jugendlichen. Vom 16. bis zum 21. Geburtstag steigen die Krankenhauseinweisungen wegen Alkoholintoxikation bei Jugendlichen aus sozial benachteiligten Familien höher als bei anderen.

Was sind die Ursachen?

Die Forscher stellen fest, dass die Daten das vorherrschende Motto bestätigen: »Wenn der Gesetzgeber es erlaubt, dann kann es nicht so schlimm sein«. Nachdem sie 16 Jahre alt geworden sind, halten österreichische Kinder Saufgelage und starken Alkoholkonsum nicht mehr für schädlich.

Alkohol ist in Österreich für Minderjährige bereits vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze leicht und in großem Umfang erhältlich.

  • Von 4.269 Testkaufversuchen mit Minderjährigen waren rund 23 % erfolgreich.
  • Laut der ESPAD-Umfrage empfinden 84 % der 15-Jährigen den Zugang zu Alkohol als »leicht« oder »eher leicht«.

In einem Umfeld, in dem Kinder und Jugendliche bereits stark dem Alkohol ausgesetzt sind, bietet das niedrige gesetzliche Mindestalter keinen Schutz vor den Produkten und Praktiken der Alkoholindustrie.

Die Forscher diskutieren daher einige normative Effekte der gesetzlichen Altersgrenze.

  • Jugendliche können sich verpflichtet fühlen, keinen Alkohol vor dem gesetzlichen Mindestalter zu trinken.
  • Haushalte sind möglicherweise entspannter, wenn es darum geht, Kindern Alkohol zu geben, sobald sie die gesetzliche Altersgrenze erreicht haben.

Was ist zu tun?

Die Anhebung des gesetzlichen Mindestalters hat sich als sehr positiv für die Gesundheit und Entwicklung von Kindern und Jugendlichen erwiesen. Als die Vereinigten Staaten ihr gesetzliches Mindestalter von 18 auf 21 Jahre heraufsetzten, erlebte die Gesellschaft eine Reihe von positiven Effekten:

  • 16 % mittlerer Rückgang der Kraftfahrzeugunfälle,
  • Verringerung des Alkoholkonsums im Vormonat bei den 18- bis 21-Jährigen von 59 % im Jahr 1985 auf 40 % im Jahr 1991, und
  • Der Alkoholkonsum bei den 21- bis 25-Jährigen ging deutlich von 70 % im Jahr 1985 auf 56 % im Jahr 1991 zurück.

Um die am stärksten gefährdeten Kinder und Jugendlichen besser zu schützen, wenn die Altersgrenze nicht angehoben wird, schlagen die Forscher*innen gezielte Maßnahmen für sozioökonomisch benachteiligte Kinder und Jugendliche sowie für Kinder aus alkoholbelasteten Familien vor, da der Alkoholschaden, dem sie ausgesetzt sind, bereits hoch ist, bevor sie die gesetzliche Altersgrenze für Alkoholkonsum erreichen.