Belgien lehnt einen Vorschlag für eine EU-Verordnung ab, wonach Weine mit einem Alkoholgehalt von bis zu 6 % als »alkoholarm« gekennzeichnet werden dürfen, mit der Begründung, dass dieser Begriff irreführend sei und die öffentliche Gesundheit gefährden könnte. Die belgischen Gesundheitsbehörden bestehen darauf, dass eine solche Kennzeichnung gegen geltendes Lebensmittelrecht verstößt, den Verbraucher*innen ein falsches Gefühl der Sicherheit vermittelt und durch den genaueren Begriff »reduzierter Alkoholgehalt« ersetzt werden sollte.
Die endgültige Entscheidung liegt nun beim Europäischen Parlament, wo der Vorschlag angesichts wachsender Bedenken hinsichtlich des Einflusses der Alkoholindustrie auf die Politikgestaltung der EU geprüft wird.
Gesundheitsbedenken nehmen zu, während das EU-Parlament über die Kennzeichnung von »alkoholarmen« Weinen berät
Ein umstrittener Vorschlag, Weinproduzent*innen zu erlauben, Weine mit einem Alkoholgehalt von bis zu sechs Volumenprozent als »alkoholarm« zu kennzeichnen, hat in Belgien heftigen Widerstand ausgelöst und damit ernsthafte Bedenken hinsichtlich der öffentlichen Gesundheit und regulatorische Unstimmigkeiten aufgezeigt.
Im Rahmen einer umfassenden Überarbeitung der Weinvorschriften der Europäischen Union würde die vorgeschlagene Regelung die Verwendung des Begriffs »alkoholarm« für Weine erlauben, die einem Alkoholreduktionsverfahren unterzogen wurden, wodurch ihr Alkoholgehalt auf 6 % oder weniger gesenkt wird. Dieser Wert entspricht in etwa dem vieler Biere mit normalem Alkoholgehalt. Die neue Bestimmung wurde bereits von allen anderen EU-Mitgliedstaaten unterstützt – nur Belgien lehnte sie ab.
Belgien schlägt Alarm wegen irreführender Kennzeichnung
Der belgische Föderale Öffentliche Dienst für Gesundheit, Sicherheit der Nahrungsmittelkette und Umwelt gab eine offizielle Erklärung ab, in der er sich entschieden gegen den Vorschlag aussprach. Die Behörde argumentiert, dass die vorgeschlagene Kennzeichnung die Verbraucher*innen irreführen könnte, indem sie den Eindruck vermittelt, dass Weine mit der Bezeichnung »alkoholarmer Wein« sicher oder gesünder sind, obwohl sie immer noch einen erheblichen Anteil an Ethanol enthalten. Die Behörden warnten, dass dies die Bemühungen zur Prävention und Reduzierung von Alkoholschäden untergraben könnte.
Die belgische Gesundheitsbehörde wies darauf hin, dass der Begriff »arm« in der Lebensmittelkennzeichnung in der Regel Produkten vorbehalten ist, deren gesundheitliche Vorteile eindeutig nachgewiesen sind – wie beispielsweise natriumarme oder fettarme Lebensmittel. Die Anwendung dieser Terminologie auf alkoholische Getränke weiche von der gängigen Praxis ab und berge die Gefahr, die Integrität des EU-Lebensmittelrechts zu untergraben.
Unter Berufung auf den wachsenden wissenschaftlichen Konsens betonten die belgischen Behörden, dass kein Alkoholkonsum für die Gesundheit unbedenklich sei. Sie äußerten Bedenken, dass die vorgeschlagene Kennzeichnung eher Marketing-Sprache als wissenschaftliche Erkenntnisse widerspiegele und das Vertrauen der Öffentlichkeit in Lebensmittel- und Gesundheitsvorschriften untergraben könnte. Stattdessen plädieren sie für den neutraleren und transparenteren Begriff »reduzierter Alkoholgehalt«, der das Produkt genauer beschreibt, ohne gesundheitliche Vorteile zu implizieren.
Wer hat die Kennzeichnungsvorschrift für »alkoholarm« vorgeschlagen?
Die umstrittene Bestimmung ist Teil eines Verordnungsentwurfs, den die Europäische Kommission am 28. März 2025 als Teil eines Pakets zur Überarbeitung mehrerer EU-Vorschriften für Wein und aromatisierte Weinprodukte vorgelegt hat. Die Kommission begründet den Vorschlag mit der Modernisierung des Sektors, der Reaktion auf die Nachfrage der Verbraucher*innen nach Produkten mit geringerem Alkoholgehalt und der Schaffung eines harmonischeren Binnenmarktes.
Die Kommission behauptet, dass die Aktualisierung die Weinproduzent*innen dabei unterstützen wird, vielfältigere Produkte anzubieten, und den Verbraucher*innen helfen wird, ihren Alkoholkonsum zu reduzieren. Kritiker*innen argumentieren jedoch, dass diese Begründungen eher die Marketingstrategien der Industrie widerspiegeln als die Prioritäten im Bereich der öffentlichen Gesundheit.
Der Europäische Ausschuss der Weinunternehmen (CEEV) hat den Vorschlag öffentlich befürwortet und erklärt, dass er eine klarere Kennzeichnung ermöglichen und den Markt für alkoholarme und alkoholfreie Weine verbessern würde. Die Konsultationen der Interessengruppen beschränkten sich Berichten zufolge auf Vertreter*innen des Weinsektors und wurden über EU-Plattformen wie die Beobachtungsstelle für den Weinmarkt und die Hochrangige Gruppe für Wein koordiniert, was Fragen hinsichtlich der fehlenden Beteiligung der Zivilgesellschaft und der öffentlichen Gesundheit aufwirft. Laut Euronews haben belgische Beamt*innen die Kommission dafür kritisiert, dass sie sich ausschließlich auf die Sichtweise der Industrie stützt.
Massive Kritik am Weinpaket der Europäischen Kommission
Als Teil einer Koalition europäischer Gesundheitsorganisationen haben wir uns heute mit einem gemeinsamen Positionspapier an die Abgeordneten des Europäischen Parlaments im Landwirtschaftsausschuss gewandt, um unsere konkreten Bedenken bezüglich des vorgeschlagenen Weinpakets zum Ausdruck zu bringen. In dem Papier werden die Auswirkungen des Vorschlags auf die Gesundheit, die Ressourcennutzung und die Transparenz der EU-Alkoholpolitik dargelegt.
Die Unterzeichner*innen vertreten nationale und europäische Organisationen aus 15 Mitgliedstaaten. Gemeinsam sprechen wir für Millionen von EU-Bürger*innen und Fachleuten, die sich für Gesundheitsförderung, Prävention und Patientenvertretung engagieren.
Weiterlesen: Massive Kritik am Weinpaket der Europäischen Kommission
Europäisches Parlament entscheidet über endgültige Sprachfassung
Die Angelegenheit wird derzeit vom Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (AGRI) des Europäischen Parlaments geprüft, wobei Esther Herranz García (EVP, Spanien) zur Berichterstatterin ernannt wurde. Ihr am 17. Juni 2025 veröffentlichter Berichtsentwurf wird die Position des Parlaments vor Beginn der interinstitutionellen Verhandlungen mit dem Rat und der Kommission beeinflussen.
Umstritten ist, dass Herranz García auch als Co-Vorsitzende der Intergruppe »Wein, Qualitätslebensmittel und Spirituosen« des Europäischen Parlaments fungiert – einem Forum, das eng mit der Wein- und Spirituosenindustrie verbunden ist. Diese Doppelrolle hat in der Öffentlichkeit Bedenken hinsichtlich potenzieller Interessenkonflikte ausgelöst, insbesondere angesichts der langjährigen Ausrichtung der Intergruppe auf die Förderung der Interessen des Weinsektors in der EU-Politik.
Weitere Bedenken hinsichtlich der öffentlichen Gesundheit und des Verbraucherschutzes
Die Einwände Belgiens spiegeln die allgemeine Besorgnis wider, dass irreführende oder vage Alkoholkennzeichnungen erhebliche negative Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit haben können. Gesundheitsexpert*innen und zivilgesellschaftliche Gruppen in ganz Europa fordern seit langem deutlich strengere und evidenzbasierte Standards für die Kennzeichnung, Werbung und Preisgestaltung von Alkohol. Alkohol ist nach wie vor ein führender Risikofaktor für nicht übertragbare Krankheiten in Europa und steht im Zusammenhang mit mehr als 200 Gesundheitsproblemen, darunter mindestens sieben Krebsarten.
Eine genaue, evidenzbasierte Kennzeichnung ist unerlässlich, um Verbraucher*innen und Öffentlichkeit zu informieren. Gesundheitsaktivist*innen warnen davor, dass Kennzeichnungen, die die Risiken des Alkoholkonsums normalisieren oder herunterspielen, zu einem erhöhten Konsum beitragen und zu einer höheren Rate alkoholbedingter Erkrankungen, Verletzungen und Todesfälle führen können. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt umfassende Maßnahmenpakete zur Alkoholpolitik.
Eine entscheidende Bewährungsprobe für die Werte und die politische Integrität der EU
Die Haltung Belgiens verdeutlicht eine wachsende Kluft in der EU-Politik: Soll man der Gesundheitsförderung, dem Schutz der Menschenrechte und einer evidenzbasierten Politikgestaltung im öffentlichen Interesse Vorrang einräumen oder sich den von der Industrie vorangetriebenen Narrativen anschließen, die Alkohol als Lifestyle-Produkt positionieren?
Das Ergebnis dieser Debatte wird nicht nur den endgültigen Wortlaut der Verordnung über die Kennzeichnung von Wein beeinflussen, sondern auch künftige Entscheidungen über die Alkoholpolitik, Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und die Rolle kommerzieller Interessen bei der Gestaltung des EU-Lebensmittelrechts.
Skandalöser Zuschuss: Aufdeckung des Wein-Paradoxons der EU
Das neue »Weinpaket« der Europäischen Kommission ist ein beunruhigendes Paradoxon: Während das öffentliche Bewusstsein für die Gefahren des Alkoholkonsums wächst und der Konsum sinkt, verdoppelt Brüssel die Subventionen für eine angeschlagene, gesundheitsschädliche Industrie. Statt die öffentliche Gesundheit zu schützen, schlägt die Kommission unter anderem QR-Codes statt echter Warnhinweise vor und bietet den Verbraucher*innen Illusionen statt Informationen. Hinter diesem neuen Vorschlag steht der mächtige Einfluss der Weinindustrie, deren Lobbyarbeit die EU-Institutionen dazu gebracht hat, privaten Profit über das öffentliche Interesse zu stellen. Dieser Vorschlag wirft grundlegende Fragen über das Engagement der EU für Fairness, Gesundheit und ihre eigenen Grundwerte auf, schreiben Rebecka, Otto und Emil.
Weiterlesen: Skandalöser Zuschuss: Aufdeckung des Wein-Paradoxons der EU
Doppelmoral in Brüssel: Wie die EU die Bürger*innen bei der Kennzeichnung von Alkoholprodukten hinters Licht führt
Die European Alcohol Policy Alliance (Eurocare) äußert ernsthafte Bedenken hinsichtlich der kürzlich vorgeschlagenen EU-Maßnahmen zur Kennzeichnung von Wein, insbesondere derjenigen, die alkoholfreie und alkoholarme Weine betreffen. Diese Vorschläge, die in dem von der Europäischen Kommission vorgelegten Entwurf des »Weinpakets« enthalten sind und derzeit im Europäischen Parlament und im Rat der EU diskutiert werden, könnten in direktem Widerspruch zur Lebensmittel-Informationsverordnung (EU) Nr. 1169/2011 (LMIV) stehen.
Quelle: MOVENDI International
Übersetzt mit www.DeepL.com