Zertrümmertes Whiskyfass, eingeblendetes Foto von Johan Persson

Johan Persson hat das Buch »Smashing the Liquor Machine: A Global History of Prohibition« gelesen, das eine globale Geschichte der Abstinenz im Kampf um Freiheit beschreibt.

Johan teilt die historischen Lehren, die aus dieser »spannenden und fesselnden Geschichte« gezogen werden können. Das Buch ist ein wissenschaftliches Projekt, aus dem eine weltweite Bewegung hervorgeht, die eng mit den anderen großen fortschrittlichen politischen Projekten des 19. Jahrhunderts verwoben ist: Abolitionismus, Wahlrechtsbewegung, Antiimperialismus, demokratischer Nationalismus, Liberalismus und Sozialismus. Eine Bewegung, die sich als Freiheitsbewegung im Kampf gegen mächtige Wirtschaftsinteressen verstand.

Der Begriff »Alkoholprohibition« als Bezeichnung für die Zeit der Prohibition in den Vereinigten Staaten entstand um 1970. Die Behauptung mag schockierend erscheinen, aber vor den 70er Jahren tauchte der Begriff in der Literatur kaum auf. Stattdessen schrieb man über Verbote des »Schnapsverkehrs«, des »Trinkverkehrs« oder ähnliche Begriffe. Diese Begriffe verschwanden jedoch in demselben Maße, wie sich die »Alkoholprohibition« durchsetzte.

Dies ist nicht nur ein semantischer Unterschied. Vor, während und vier Jahrzehnte lang nach der Prohibitionszeit schrieben sowohl die Prohibitionisten als auch die Gegner:innen über die Produktion und den Verkauf von Alkohol. Doch seit den 1970er Jahren wird die Prohibition als auf die einzelnen Verbraucher:innen ausgerichtet beschrieben. Und das, obwohl der achtzehnte Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten den Alkoholkonsum nie verboten hat, sondern nur die Herstellung, den Verkauf und den Transport.

Mark Lawrence Schrad, außerordentlicher Professor für Politikwissenschaft an der Villanova University, der diesen Wandel in Sprache und Diskurs entdeckt hat, bringt ihn mit dem Durchbruch des Neoliberalismus im selben Zeitraum in Verbindung. Mit dem Neoliberalismus wurde die Unterscheidung zwischen der Freiheit des Marktes und den bürgerlichen und politischen Freiheiten des Einzelnen verwischt.

In zahllosen Büchern wurde die Abstinenz- und Prohibitionsbewegung in den Vereinigten Staaten als Feind der Freiheit beschrieben, als Bewegungen politisch reaktionärer und religiös konservativer weißer Landbewohner:innen, die von einer rassistischen Angst vor Minderheiten getrieben wurden. Dieses Bild hat sich sowohl in der Populärkultur als auch in der seriösen Geschichtsforschung festgesetzt.

Titelseite von 'Smashing the Liquor Machine: A Global History of Prohibition'

In »Smashing the Liquor Machine: A Global History of Prohibition« gibt Mark Lawrence Schrad zu, dass auch er von diesem Bild beeinflusst wurde, als er 2010 »The Political Power of Bad Ideas« veröffentlichte, eine Studie über die Prohibitionsbewegung in den Vereinigten Staaten, Schweden und Russland.

Aber er tut auch etwas, was sowohl unter Forscher:innen als auch unter Fachleuten zu selten ist: Er gibt bereitwillig zu, dass er sich geirrt hat, dass er die Abstinenzbewegung falsch verstanden hat. Smashing the Liquor Machine ist das Ergebnis von Schrads Versuch, diesen Fehler zu korrigieren, indem er eine neue globale Geschichte der Abstinenz schrieb. Mit seinen 700 Seiten, von denen 150 Seiten Fußnoten sind, ist es ein beeindruckender und völlig einzigartiger Beitrag zur wissenschaftlichen Erforschung der Abstinenz.

Das Buch ist eine spannende und fesselnde Geschichte, in der wir Sklaverei-Gegner und Suffragetten in den Vereinigten Staaten, antikolonialistische Kämpfer in Botswana, Irland und Indien, russische Bolschewiken und nordische Sozialdemokraten, Christen, Hindus und Muslime kennenlernen.

Der Staat und das Kapital waren der Feind, als die Bewegungen für Abstinenz und das Verbot berauschender Getränke aufkamen, nicht der einzelne Alkoholkonsument«.
Johan Persson

Anstelle der neoliberalen Karikatur von bigotten Puritanern geht aus diesem wissenschaftlichen Projekt eine weltweite Bewegung hervor, die eng mit den anderen großen fortschrittlichen politischen Projekten des 19. Jahrhunderts verflochten ist: Abolitionismus, Wahlrechtsbewegung, Antiimperialismus, demokratischer Nationalismus, Liberalismus und Sozialismus. Eine Bewegung, die sich als Freiheitsbewegung im Kampf gegen mächtige Wirtschaftsinteressen verstand.

Schrad fasst seine These zusammen:

Der Prohibitionismus war Teil einer langfristigen Volksbewegung zur Stärkung internationaler Normen zur Verteidigung der Menschenrechte, der Menschenwürde und der menschlichen Gleichheit gegen die traditionelle autokratische Ausbeutung. Genauer gesagt vertraten die Abstinenzaktivisten die Ansicht, dass es nicht länger angemessen sei, den Reichtum des Staates oder der Geldeliten auf dem Elend und der Sucht der Gesellschaft aufzubauen.«
Mark Lawrence Schrad

Schrad zeigt, dass die Gegner der Abstinenzbewegung eine kapitalstarke und politisch mächtige Industrie waren, die eng mit Militarismus und Kolonialismus verbunden war. Am Ende der viktorianischen Ära hatte jeder fünfte britische Abgeordnete finanzielle Interessen in der Brauindustrie. Fünf der fünfzehn größten britischen Unternehmen waren Brauereien.

23 %

Die Spirituosenmaschine und die Kriegsmaschine

Alle europäischen Imperien waren auf Alkoholsteuern angewiesen, um ihre militärische Aufrüstung und kolonialen Eroberungen zu finanzieren. In Großbritannien machte die Alkoholsteuer 23 % der Staatskasse aus.

Vor der Einführung der modernen Einkommenssteuer zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts stützten sich alle europäischen Reiche auf Alkoholsteuern, um ihre militärische Aufrüstung und kolonialen Eroberungen zu finanzieren. Im Deutschen Reich machte sie zwanzig Prozent der Staatskasse aus, in Großbritannien 23 Prozent und im zaristischen Russland 26 Prozent. Kein Wunder also, dass Zar Alexander II. Versuche, eine russische Abstinenzbewegung nach amerikanischem Vorbild zu schaffen, gewaltsam unterdrückte. Sie stellte eine direkte Bedrohung für seine Kriegsfinanzen dar.

Nicht der einzelne Alkoholkonsument, sondern der Staat und das Kapital waren der Feind, als die Bewegungen für Abstinenz und das Verbot von berauschenden Getränken aufkamen. Oft wurden diese Bewegungen von den am stärksten Ausgegrenzten der Gesellschaft unterstützt: Frauen, Farbige, Ureinwohner und kolonialisierte ethnische Gruppen.

Schrads historische Methode ist die biografische Methode. Die Bewegungen werden anhand von Personen dargestellt, die in ihrem Leben die Verbindung zwischen Abstinenz und progressiver Politik verkörperten. Die fesselndste Figur unter ihnen ist William E. »Pussyfoot« Johnson, eine fast übermenschliche Gestalt, die fünfzig Jahre lang ununterbrochen im Zentrum der globalen Abstinenzbewegung gestanden zu haben scheint. Vielleicht liegt der Verdacht nahe, dass das Buch ursprünglich aus dem Projekt einer Biografie von »Pussyfoot« Johnson entstanden ist.

Die biografische Methode ist die einzige wirkliche Schwäche des Buches. Schrad hat offensichtlich große Sympathien für die Sozialdemokraten und Radikalliberalen des frühen 20. Jahrhunderts und taucht gerne in ihr Leben ein. Ein strengerer Lektor hätte diese umfangreichen biografischen Kapitel gestrichen und das Buch weniger ziegelsteinlastig gestaltet. Fast das gesamte Kapitel über Schweden ist zum Beispiel Hjalmar Branting gewidmet, einer Person, die in der schwedischen Abstinenzgeschichte eher am Rande zu finden ist.

Der biografische Ansatz hat jedoch auch seine Berechtigung. Er zeigt, wie andere Historiker:innen und Biograph:innen die zentrale Rolle der Abstinenzfrage im Leben und Kampf dieser Menschen ignoriert haben.

Der Kampf für Abstinenz war ein integraler Bestandteil des Kampfes gegen die Sklaverei, für das Frauenwahlrecht, für die Rechte der indigenen Bevölkerung, gegen den Kolonialismus und für Verbesserungen für die Arbeiterklasse.«
Johan Persson

»Alle großen Reformen gehen Hand in Hand«, schrieb Frederick Douglass, der entlaufene Sklave, der zu einem der bedeutendsten Intellektuellen seiner Zeit wurde. Er erzählte oft, wie Sklavenhalter Alkohol zur Unterdrückung und Spaltung von Sklaven einsetzten, und sein Abolitionismus war eng mit seiner Abstinenz verbunden. Die meisten Biografien über Douglass, darunter auch das 900-seitige, mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Werk »Frederick Douglass: Prophet der Freiheit«, verschweigen sein Anliegen der Abstinenz völlig.

Nicht einmal in einem progressiven Standardwerk wie Howard Zinns »A People's History of the United States« wird die Abstinenzbewegung mehr als nur am Rande erwähnt. Das Vorverständnis des Kampfes für Abstinenz und das Verbot berauschender Getränke als reaktionärer, rassistischer und religiöser Kulturkampf scheint es leichter zu machen, seine Existenz zu verheimlichen, als zu erklären, warum er ein so wesentlicher Bestandteil des Kampfes gegen die Sklaverei, für das Frauenwahlrecht, für die Rechte der Ureinwohner, gegen den Kolonialismus und für Verbesserungen für die Arbeiterklasse war.

Smashing the Liquor Machine ist ein Buch, das jeder lesen sollte, der sich für die Geschichte der Abstinenz interessiert. Für einen schwedischen Leser ist die zentrale These des Buches keine große Überraschung. Wir sind daran gewöhnt, die Abstinenzbewegung als eine der großen demokratischen sozialen Bewegungen in der Geschichte unseres Landes zu betrachten. Das liegt einzig und allein daran, dass es in Schweden noch immer eine blühende Abstinenzbewegung gibt, die in der Lage ist, ihre eigene Geschichte zu schreiben. Die Alternative wäre, dass dies jemand anderes tut.

Über den Autor

Johan Persson ist Vorstandsmitglied der Schwedischen Gesellschaft für die Geschichte der Abstinenz, Administrator beim Schwedischen Jugendverband für Abstinenz (UNF) und gelegentlicher Kulturautor. Zu seinen Interessen gehören die Geschichte sozialer Bewegungen, streitbare Politik und die politische Nutzung der Geschichte.

Quelle: MOVENDI International

Übersetzt mit www.DeepL.com